Willkommen in der Welt der bunten Start-ups – eine Welt, in der es viele gebrochene Versprechen und nur wenige wirklich gut umgesetzte Ideen gibt. Nur wenige Tech-Start-ups, die eigene Hardware anbieten wollen, sind am Ende erfolgreich, eines davon ist aber Mikme aus Wien. Als passionierter Podcaster konnte ich es mir nicht entgehen lassen, das Mikrofon aus meiner Heimstadt zu testen.
Im Wesentlichen handelt es sich bei dem Mikme um ein mobiles Mikrofon mit Bluetooth-Anbindung. Ganz neu ist das nicht, mit dem MemoryMic von Sennheiser hatten wir bereits ein sehr kleines Gerät aus diesem Segment im Test. Neu ist hingegen die Technik. Der Hersteller möchte ein Großmembranmikrofon in ein mobiles Gehäuse packen. Aus meinem Studioalltag kann ich sagen: Großmembranmikrofone sind nicht immer ganz leicht im Umgang. Die Ergebnisse sind bei optimalen Bedingungen zwar deutlich besser, gerade mobil bin ich hier aber sehr skeptisch.
Alles begann mit der Idee von Phillipp Sonnleitner, die Indiegogo-Kampagne startete im Juli 2015, Ende 2015 war das Mikrofon dann tatsächlich erhältlich. In der Zwischenzeit regnete es zahlreiche Auszeichnungen – neben dem österreichischen Staatspreis in Design im Jahr 2017 auch den CES „honoree 2018“, den iF „Design Award“ 2017 und den „Best Add-On or Accessory” der NAMM 2017. Mittlerweile gibt es unterschiedliche Versionen, mir wurde die günstigere “Silver”-Edition zugesandt.
Das Mikrofon selbst präsentiert sich als kleine, quadratische Box. Das Gehäuse besteht aus Magnesium, die Mikrofonkapsel ist klar erkennbar. Bei meinem Testgerät ist diese silbrig, bei der teuren Gold-Variante entsprechend vergoldet. An der oberen Seite befindet sich der sprichwörtliche große rote Knopf, darüber wird die Aufnahme gesteuert.
An der Hinterseite befinden sich unten diverse kleine Schalter. Neben dem klassischen Powerschalter finden wir auch eine Taste für das Bluetooth-Pairing und zwei Tasten für die Lautstärke. Dazu kommt ein 3,5 mm Klinke-Anschluss sowie ein Micro-USB-Anschluss. Darüber wird das Mikrofon aufgeladen – zu allen weiteren Möglichkeiten den Anschluss zu nutzen, komme ich später. An der Unterseite gibt es außerdem noch das passende Gewinde für Stative.
Die Handhabung könnte einfacher nicht sein: Mikrofon einschalten, auf den großen Knopf drücken, Gesang, Sprache oder Musik aufnehmen und erneut den großen Knopf betätigen – fertig. Der integrierte Speicher fasst vier Gigabyte, das mag nach wenig klingen, doch Tonaufnahmen sind in der Regel nicht besonders groß. Mit M4A Komprimierung schafft es das Mikrofon so auf 90 Stunden Aufnahmedauer.
Wer die Aufnahme im Vorfeld finetunen möchte, kann direkt einen Kopfhörer anstecken und so das Mikrofon entsprechend auspegeln. Im Zweifel ist der Anschluss auch für lokales Monitoring nutzbar. Eine Funktion, die im mobilen Recording vielleicht nicht ganz zum Standard gehört: Das Mikrofon kann per USB aber auch als externes Mikrofon am Rechner genutzt werden. Ein wirklich großes Plus und ein weiterer, durchaus interessanter, Anwendungsfall.
Den vollen Funktionsumfang erweckt am Ende aber erst die Companion-App. Hand aufs Herz: Damit wird die Angelegenheit aber auch deutlich komplexer, Einsteiger können hier sicher das an und für sich gute Mikrofon “zu Tode konfigurieren”.
In der App könnt ihr das Mikrofon fernsteuern, einige Einstellungen zur Aufnahme auswählen, und eure aufgenommenen Audiodateien auf euer iOS-Gerät übertragen. Die Steuerung ist einfach, die App übersichtlich.
Soviel zu den vielen Funktionen und äußerlichen Werten, alles Dinge, die am Ende sekundär sind. In erster Linie muss natürlich die Soundqualität stimmen. Doch was sagt mehr als tausend geschriebene Worte? Richtig, gesprochene. Schließlich handelt es sich hier um das Review eines Mikrofons.
Um es kurzzumachen: Sofern das Mikrofon nahe an der (Haupt-)Audioquelle ist, liefert das Mikme eine wirklich gute Aufnahmequalität. Die Nierencharakteristik ist sehr ausgeprägt. Das bedeutet, dass frontale Beschallung gut aufgezeichnet wird, alle anderen Tonquellen an den Rändern nur sehr wenig.
Das Mikrofon klingt meinem Empfinden nach leicht schlechter als andere Großmembranmikrofone in dieser Preisklasse – diese sind aber alle nicht mobil. Dank des Aufbaus und der einfachen Handhabung eröffnet das Mikme so viele neue Einsatzbereiche und ist gerade dadurch für mich sehr wohl eine mehr als interessante Alternative.
Hach, wenn ich noch mal jung wäre. Also nicht, dass ich an Lebensjahren so alt wäre, als Podcaster fühlt es sich aber oft so an. Würde ich heute noch einmal mit dem Podcasten beginnen, würde ich mich hoffentlich für das Mikme als Einstiegsgerät entscheiden. Der Preis wirkt auf den ersten Blick durchaus hoch, auf der anderen Seite musste ich mehrfach lernen, dass all jene, die billig kaufen, meist zwei-, drei-, viermal oder noch öfter kaufen. Dafür deckt das Mikrofon einen großen Anwendungsbereich ab, egal ob in einem ruhigen Raum oder unterwegs – und ist dabei wirklich sehr mobil und komfortabel zu nutzen.
Das Mikrofon ist auch eine ideale Erweiterung für moderne Anwendungsbereiche. Podcasting auf dem iPad wird mit dem Mikme deutlich realistischer als je zuvor. Noch würde ich immer noch nicht (ausschließlich) auf das mobile Mikrofon wechseln wollen, vereinzelt läuft dies aber problemlos. Ihr wollt abseits der Audiobeispiele einen Test? Die Folgen nach der letzten Keynote habe ich mit dem Mikme aufgenommen und auf dem iPad nachbearbeitet und veröffentlicht. Das wären diese hier:
Nach einigen Wochen Test konnte ich mich nur sehr schwer von dem kleinen Mikrofon trennen. Die Silver-Variante ist meiner Meinung nach für 80 % der Anwendungsfälle völlig ausreichend, wenngleich mich die Gold-Variante auch durchaus reizen würde.
Solltet ihr auch nur irgendwie daran denken, unterwegs Audioaufnahmen anfertigen zu wollen – sei es im Büro, im Proberaum oder auf der Straße –, so kann ich euch das Mikme wirklich ans Herz legen. Das Mikrofon punktet durch seine einfache Handhabung und die geringe Größe bei überraschend guter Qualität.
Das Mikme war nicht ganz zu Unrecht eines der ersten Produkte auf Amazon Launchpad – der Plattform für innovative Produkte von Start-ups. Dementsprechend leicht ist das Mikrofon mittlerweile auch erhältlich. Die Silver-Variante, die ich testen durfte, kommt auf 249 Euro, die Gold-Variante wird dann ab 399 Euro angeboten.
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